Solange der Traum vom eigenen Windjammer noch nicht
realisiert werden kann, ist CWET auf die Kooperation mit privaten
Schiffseignern oder Betreiberorganisationen angewiesen. Welch Glücksfall, dass
über den pensionierten Admiral Piet Potgetier Kontakt zu einem ehemaligen
Ausbildungsschiff der südafrikanischen Marine hergestellt werden konnte. Heute
liegt die Howard Davis meist in der V&A Waterfront vor Anker, und wird
für touristische Zwecke genutzt. Doch mindestens einmal im Monat dürfen CWET
Teilnehmer kostenfrei an Bord um sich an das Leben und Arbeiten auf einem Tall
Ship zu gewöhnen.
Es ist mal wieder ein strahlend blauer Tag in Kapstadt.
Unten an der Waterfront flanieren Touristen und Einheimische, um deren Gunst
viele Attraktionen werben – vom Flug mit Helikopter bis zum Haitauchgang wird
hier viel geboten. Etwas weniger Adrenalin, aber dafür umso mehr Flair bietet
ein Segeltörn in der Bucht von Kapstadt, zum Beispiel auf dem Zweimaster Howard
Davis, der hier vor Anker liegt.
Der Skipper Piet Potgetier ist ein echter Seebär wie aus dem
Bilderbuch: Dichter Rauschebart, mächtiger Körper, und eine ruhige Autorität,
die niemand anzweifeln mag. Kein Wunder, dieser Mann ist ein echter Admiral der
südafrikanischen Marine, der sich die Pension auf diese Art versüßt. Ihm ist
auch zu verdanken, dass CWET die Howard Davis als Trainingsschiff nutzen darf.
Seit 2008 ist er in der PBO engagiert, und hat mit den Eignern Bertie’s Mooring
Investment um Nutzungszeit des Seglers verhandelt. „Wir dürfen jeden Monat mindestens einen Tag mit CWET
Teilnehmern segeln gehen“ sagt er, während er uns das Innere des Seglers zeigt:
Natürlich ist überall viel Holz, und natürlich wird alles vorbildlich gepflegt.
„Besonders toll aber ist, dass wir im Winter 2011 drei je fünftäge Trips durch
die False Bay machen konnten.“
Ursprünglich war die Howard Davis ein Ausbildungsschiff der südafrikanischen
Handelsmarine, und so passt es ganz gut, dass sie von CWET für ganz ähnliche
Zwecke genutzt wird. „Die damaligen Betreiber wussten um den Wert des Trainings
unter Segeln, auch wenn natürlich längst motorisierte Schiffe der Standard
waren“, weiß Piet. „Das Segeln schweißt zusammen, es bleibt kein Platz für
Zwietracht. Es kommt auf jeden Einzelnen an. Teamwork, Zusammenhalt, Esprit de Corps, Wachsamkeit, physisches
und mentales Reaktionsvermögen zusammen mit Führungsqualitäten und der
Fähigkeit, Herausforderungen mit Selbstvertrauen zu begegnen und nicht zuletzt
eine positive Einstellung - das alles ist gutes Seamanship.“
An unserem heutigen Trip durch die Bucht von Kapstadt ist
allerdings nur wenig Wind – wir werden kaum in die Lage kommen, selber mit Hand
anzulegen. Statt dessen genießen wir den ‚Gästestatus’ und lassen uns bei einem
Gläschen Weißwein langsam durch die Bucht schaukeln. So erhaben Tafelberg und
die zu seinen Füßen liegende Stadt sowieso schon sind, vom Meer aus gesehen,
wirkt alles noch mal eindrucksvoller, beinahe zauberhaft an diesem ruhigen
Nachmittag. Geräuschlos schieben wir uns an den großen Frachtschiffen vorbei,
da tauchen Delfine neben uns auf. Später sehen wir sogar einen Wal, der
prustend seinen Kopf hebt und die Schwanzflosse zeigt.
Auch wenn das Erleben der Schönheit der Ozeane Bestandteil
des CWET Programms ist, sehen die Segeltrainings doch vor allem so aus, dass
viel von den Teilnehmern erwartet wird: Das Erlernen seglerischer Fähigkeiten,
das Absolvieren eines Umweltschutzprogramms und Karriereplanung stehen auf dem
Programm – keine Kleinigkeiten für jemanden, der in einer Holzhütte eines
Townships geboren wurde und das Meer bislang höchstens aus sicherer Entfernung
gesehen hat.
„Das Wintersegelprogramm 2011 war für uns alle ein
Riesenerfolg’“, so Kay Kilian, eine Freiwillige Mitarbeiterin bei CWET, „wir
hoffen sehr, dass wir dieses Programm auf der Howard Davis im kommenden Winter
fortsetzen können.“ Das hoffen wir auch! Und wer nach Kapstadt kommt, sollte
sich ebenfalls einen Segeltrip auf der Howard Davis gönnen – hier gibt es dazu mehr Informationen.
Aus einem Reisebericht von Ulf und Anna Kaschl